Strophe 3: Waschen

Das bisschen Wäsche...

ist doch kein Problem, und auch das Bügeln schafft man ganz bequem

Waschen war Frauenarbeit, wenig angesehen und körperlich sehr anstrengend.
Im Kudrun – Lied wird die Hauptprotagonistin Kudrun, über mehrere Jahre hinweg, dazu gezwungen Wäsche zu waschen. Sie lernt das „Handwerk“ von einer Wäscherin. Neben dem Waschen gehört auch bleichen zu ihren Aufgaben. 1)


Gewaschen wurde in der Regel an fließendem Gewässer. 2) Endres Tucher erwähnt Ende des 15. Jahrhunderts in seinem Baumeisterbuch für Nürnberg 11 Waschbänke an der Pegnitz, also baulich eingerichtete Plätze an denen Wäsche gewaschen wurde, die durch die Baumeister der Stadt unterhalten wurden. 3) Die Waschplätze am Fischbach – der damals offen durch die Stadt floss – nicht miteingerechnet. Freischaffende Wäscherinnen mussten bei der „Hochwassersanierung“ des Fischbachs 10 Groschen Pacht bezahlen. 4) In den Nürnberger Brunnen durfte keine Wäsche gewaschen werden. Der Wäscherin drohten teilweise drastische Strafen. 5)


Bei der Wäsche muss zwischen Haustextilien, Unterkleidung aus Leinen und Überkleidung aus Wolle oder anderen Geweben unterschieden werden.
Tischwäsche, Handtücher, Abtrockentücher und Putzlappen waren aus Leinen. In der Benediktus Regel für den Küchendienst ist festgelegt, dass Handtücher am Samstag zu waschen sind. 6) Im Papsthaushalt in Avignon wurde die Küchenwäsche zum Reinigen an eine extra, nur dafür, beauftrage Wäscherin gegeben 7). Aus den Haushaltsbüchern von Anton Tucher und anderen Nürnberger Patriziern ist bekannt, dass regelmäßig und unregelmäßig Ausgaben für das Waschen von Kleidung aufgeführt sind. 8) Auch im Menagier de Paris rät der Schreiber, dass die Kleidung regelmäßig und bei Bedarf gereinigt werden soll. 9)

 

Waschen, Bleichen und Bügeln von Leinenwäsche / Unterwäsche


Im Nürnberger Kunstbuch wird die Herstellung von Lauge für Leinenwäsche beschrieben: Wiltu dy vnterrocken waschen, so nym iig metzen aschen ynd thu die in ein groß schaff vnd geuß das ersten ein heyß sydnings waßer dar an und dar nach ein kaltes waßer, das das schaff vol wird vnd seyhe den das durch ein tuch vnd dunck die rock dar ein vnd wasch die kölem (…)


Waschkübeln sind auf Abbildungen und in Inventaren 10) zu finden. Unter anderem ist in der englischen Holkham Bibel um 1330 ist ein Klopfbrett (Pleul) abgebildet. Archäologische sind verschieden „Griffbretter“ nachgewiesen – vielleicht war eines davon ein Pleul? 11)


Neben der Hardware (der Ausrüstung) und der Software (der Lauge) spielt die mechanische Wirkung des Rubbelns und der Luft eine entscheidende Rolle beim Waschergebnis.

Nach dem Waschen, Spülen und Auswringen wurde die Wäsche zum Bleichen ausgebreitet. In manchen Orten sind die ehemaligen Bleichen an den Straßennamen zu erkennen. Es werden 2 Bleichmethoden unterschieden. Die Rasenbleiche (mit Hilfe der Sonne) und die Molkebleiche. 12)


Die Nürnbergerin Katharina besaß zu dem Glätten ihrer Kirchenhaube eine „sturtzpreß“ – eine Wäschepresse. 12). Gebügelt wurde mit Hilfe von Glättsteinen. Dies sind halbkugele Glasobjekte mit planer Unterseite. Schon seit dem 2./3. Jahrhundert bekannt und bis ins 14. Jahrhundert verwendet, sind sie Luxusbügel“eisen“. 13)


Reinigen von Wolltextilien


Im Menagier de Paris erläutert der Ehemann, dass das Reinigen der Wollkleidung nach Bedarf erfolgen soll. Sie sollen regelmäßig bei trockenem Wetter gelüftet werden. Auch sollen die Kleidungsstücke regelmäßig kontrolliert werden, ob sich Motten oder andere Insekten eingenistet haben, um darauf entsprechend zu reagieren und auch die Kleidung auszubessern.


Wollkleidung soll mit einer Bürste von Staub befreit werden. 14) Dazu werden „Ausreiben“ oder „Gewandtpürsten“ verwendet 15) (Abbildungen auf Pinterest).


Fleckenentfernung aus Wolltextilien


Die Anweisungen und Rezepte des Menagier de Paris, des Nürnberger Kunstbuches und des Liber illuministarum“ des Kloster Tegernsee 16) unterscheiden verschiedene Fleckentypen auf Wollkleidung und deren Behandlung.

Es gibt Anweisungen für das Entfernen von Ölflecken, Pech- und Harzflecken, Verunreinigungen mit Wagenschmiere oder Unschlitt, Wachs, Weinflecken oder Blut.

Die Fleckenentfernung war hochspezialisiertes Fachwissen spezieller Wäscherinnen und galt als Kunst.

Zusätzlich zum Waschen sind Anweisungen für „Feinwäsche“ und Farbwiederherstellungsrezepte überliefert.

 

Reinigung von Pelzen


Im Menagier de Paris wird auch erklärt, wie vorzugehen ist, wenn Pelz oder Fell nass und hart geworden ist. Nämlich: Abtrennen, Pelz mit Wein besprühen, mit Mehl bestäuben, trocknen lassen und ausreiben.


Nachhaltigkeit (damals so selbstverständlich, wie sie heute sein sollte):


Kleidungsstücke wurden repariert. Instandhaltung ist der maßgebliche Faktor für Langlebigkeit.
Kleidungsstücke, die nicht mehr standesgemäß aufgearbeitet werden konnten, wurden weitergegeben. Entweder innerhalb des Haushalts oder über den Altkleiderhändler verkauft. Um Kleidung aufzuhübschen, die durch ausbleichen der Farbe oder Verschmutzungen unansehnlich geworden war, wurde das Kleidungsstück bei speziellen Färbern „schlechtgefärbt“. Aus Erwachsenenkleidung wurde Kinderkleidung oder „Kleinteile“ hergestellt.


Konnte die Kleidung nicht mehr verwendet werden, dann wurde sie zu Papier !
Denn im Gegensatz zu heute wurde Papier nicht aus Holz, sondern aus Altkleidung hergestellt. In Nürnberg wurde zwischen 1390 und 1392 die Hadermühle (auf der Abbildung von Nürnberg in der Schedelschen Weltchronik rechts unten groß abgebildet) zur Altkleidermühle für die Papierproduktion umgerüstet und war damit die älteste Papiermühle nördlich der Alpen.

 

Meine Recherche zum Thema WASCHEN beruht auf Schriftquellen und Abbildungen. Ich selbst habe keine Versuche durchführt.


Praxisversuche sind hier zu finden:

Fabian Brenker, Waschen und Fleckenentfernung von Textilien um 1500, in Experimentelle Archäologie in Europa, Band 15


Wienische Hantwërcliute 1350
https://wh1350.at/de/kleidung/wasche-waschen-im-mittelalter-ein-praxisversuch-auf-de


Quellen:

1) Alissa Theiß, Höfische Textilien des Hochmittelalters, 2020 Seite 91
2) Alissa Theiß, Höfische Textilien des Hochmittelalters, 2020 Seite 92 ff
3) Dr. Friedrich von Weech und Matthias Lexer, Endres Tucher -Baumeisterbuch der Stadt Nürnberg, Stuttgart 1862, Seite 203
4) dto. Seite 230
5) s.o. und Nürnberger Polizeiordnung, blabladsflkjsd 
6) Anne Schulz, Essen und Trinken im Mittelalter (1000–1300) Literarische, kunsthistorische und archäologische Quelle, Berlin/Bosten 2011, Seite 302
7) Stefan Weiß, Versorgung des päpstlichen Hofes in Avignon mit Lebensmitteln (1316-1378) S. 198, 210, 216
8) The Good Wife's Guide (Le Ménagier de Paris): A Medieval Household Book
9) vgl. Endres Tucher, Anton Tucher und Inventare aus Tirol und Vorarlberg und Hausratsgedicht
10) Fabian Brenker, Waschen und Fleckenentfernung von Textilien um 1500, in Experimentelle Archäologie in Europa, Band 15, Jahrbuch 2016, S.83 – 96
11) Alissa Theiß, Höfische Textilien des Hochmittelalters, 2020 Seite 92 ff
12) Jutta Zander-Seidel, Textiler Hausrat, 1990, S. 286
13) Alissa Theiß, Höfische Textilien des Hochmittelalters, 2020 Seite 92 ff
14) Jutta Zander-Seidel, Textiler Hausrat, 1990, S. 287
15) Anna Bartl u.a., Der „Liber illuministarum“ aus Kloster Tegernsee, 2005, S 425 ff


Bild:
Bibliothèque nationale de France, NAF 18145, f. 103v (Cleanliness). Alain Chartier, Le Bréviaire des nobles.

15th century.


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